Wenn man die penetrante Werbung und die Nachrichten dazu quer liest, hat man den Eindruck, eine schöne neue Welt tut sich auf. Alles wird endlich gut. Von der Presse, oder von denen die Software vertreiben, kein Wort der Kritik. Von vielen Anwendern, Achselzucken. Als ob diese Angelegenheit ein von Gott gegebenes Schicksal wäre. So sieht die Zukunft eben aus. Zwecklos dagegen zu sein. Aber wer weiter nach unten scrollt, zu den Kommentatoren, der findet ihn, den Unmut. Man spaltet sich in zwei Lager.
Da heißt es unter den Befürwortern: »Also, wer sich die 62 € im Monat für seine Kreativsoftware aus der Cloud nicht leisten kann, der macht beruflich was falsch!« So? Was macht er denn falsch? Und wer sagt denn, dass es Unvermögen wäre? Hier geht es doch vielmehr um die Frage, ob man noch die Wahl hat. Eine Frage des Prinzips.
Umsonst war unsere Software bis jetzt ja auch nicht. Im Gegenteil. Im Laufe der Jahre haben wir dort zig Tausende hineingesteckt. Zusätzlich zu Hardware, Büchern und Schulungen. Wir taten das dann, wenn wir das Geld dafür erwirtschaftet hatten oder der zwingende Bedarf vorlag, die Funktionalitäten neuer Programmversionen zu nutzen. Gelegentlich auch aus Neugier darüber, was sich mit interessanten neuen Features alles erreichen ließe. Aber selbstverständlich hatten wir stets die Freiheit, Zeitpunkt und Umfang unserer Investition selbst zu bestimmen. Soll es damit nun vorbei sein? In Zukunft sollen wir nur noch das Recht haben mitzumachen oder es bleiben zu lassen? Friss oder stirb? Ist das, das neue Angebot unter Freunden?
Na gut, aber dafür hätten wir in der Cloud stets die neuesten Updates zur Verfügung, sagt man uns. Und noch dazu alle Produkte der ganzen Suite, wo immer wir sie installieren möchten. Sicher, das wäre Klasse. Zumindest dann, wenn wir wirklich alle Programme benötigen würden, oder wenn vom Erhalt der neuesten Updates das Gelingen oder die Durchführbarkeit aktueller Jobs abhinge. Tut es das? Kommen die neuesten Updates nicht schon rasch genug?
Wem es nicht schnell genug geht, freut sich sicher darüber seine Software mieten zu können. Warum nicht? Es ist gute Software, die ihr Geld durchaus Wert ist. Wenn man auch weiterhin die Wahl hätte, gäbe es wenig Anlass zur Kritik. Besitzer der Programme, mit denen wir unsere Arbeit machen, waren wir ja nie. Was wir kauften, war eine Lizenz, die uns berechtigte, die Software unbegrenzt lange zu nutzen – theoretisch zumindest.
Was uns nun bevorsteht, ist, dass wir uns per Onlineüberprüfung alle dreißig Tage daran erinnern lassen müssen, dass eben diese Berechtigung nur noch auf Zeit verliehen wird.
Der Unterschied birgt ein feines psychologisches Moment. Man hat sich regelmäßig prüfen zu lassen, ob man die Software noch benutzen darf. Als Kunde von Softwareunternehmen scheint man künftig nur dann noch willkommen zu sein, wenn man bereit ist, regelmäßig Pacht abzuführen, anstatt bei Bedarf einzelne Lizenzen zu kaufen. Für seltsam viele Menschen scheint das offenbar schon ganz normal zu sein. Man nimmt es einfach so hin. Warum?
Im Gegensatz dazu bestehen unsere eigenen Kunden wieder zunehmend darauf – vom Sinn des Urheberrechts abweichend – die Erzeugnisse kreativer Arbeit ohne jede zeitliche, technische oder räumliche Einschränkung einsetzen zu dürfen. Aber das nur nebenbei.
Der angebotene Onlinespeicher der Cloud wird in der Werbung als zusätzlicher Vorteil verkauft. Ist er das? Ist es noch verantwortbar vertrauliche Arbeitsdaten auf ausländische Server hochzuladen? Auf englische und amerikanische Server? Wenn es sich irgendwie vermeiden lässt, wohl eher nicht.
Die Gegner schauen über den Tellerrand und sind beunruhigt. Was passiert, wenn erst mal alle Anwender drin sind, in der verheißungsvollen Wolke, dem Götterberg für Kreative, dort, wo künftig die Musik spielt? Die Mietpreise werden stabil bleiben, versichert man uns. Sie werden nicht steigen. Wirklich? Wäre das logisch?
Überlegen wir uns, als Fans geleaster Software, was passiert, wenn wir – aus welchen Gründen auch immer – unsere Softwaremiete vorübergehend nicht bezahlen könnten. Wir sind keine Angestellten, sondern Freiberufler. Unsere Einnahmen schwanken zuweilen. Das verträgt sich schlecht mit kontinuierlich zu leistenden Verpflichtungen, von denen die meisten von uns schon einige haben: Miete, Krankenversicherung, Strom, Telefon und Internet, Steuervorauszahlung, Autoleasing, Schulgeld. Jetzt auch noch Software? Werden wir nach einer Stornierung des Mietvertrages unsere bis dahin erstellten Dateien später noch öffnen können? Wenn uns die gepachtete Software den Dienst verweigert, unsere alten Programme aber längst inkompatibel sein werden? Wie sollen wir dieses Risiko unseren Kunden gegenüber verantworten? Aber zum Glück sind die Zeiten ja absolut krisensicher.
Was machen die übrigen Softwareunternehmen? Stehen die nicht ebenfalls schon in den Startlöchern? Würden die nicht auch gern ihre Produkte jährlich, monatlich, ausschließlich verpachten, um ihre Einnahmen zu stabilisieren? Natürlich. Aus deren Sicht ist das, das Gelbe vom Ei. Damit verschieben sie das Risiko schwankender Umsätze auf die Schultern ihrer Anwender. Sollen die doch damit klarkommen, wenn Aufträge wieder erwarten nicht zustande kommen, oder nicht pünktlich bezahlt werden. Die Softwaremiete wird auf alle Fälle abgebucht, egal, ob sie sich für uns gerade rechnet oder nicht.
Wie steht es um die Internet-Provider? Wie sehen deren Pläne aus? Würden die nicht auch gerne ihre monatlichen Nutzungsgebühren anheben? Durchgesetzt etwa, durch die künstliche Drosselung des abrufbaren Datenvolumens? Das passt doch perfekt zum Angebot einer Cloud, was meint Ihr?
Es scheint, als wäre, wer seine Software herkömmlich als Box kaufen möchte, in Zukunft nur noch Kunde zweiter Klasse. Ist das so? Man soll jetzt Service-Verträge abschließen. Dann bekäme man auch Support. Und sonst nicht? Will man uns den anderenfalls vorenthalten? Egal, wie viele Jahre wir schon treue Kunden dieser Unternehmen sind und immer wieder in neue Versionen investiert haben?
Meine Wut ist inzwischen verflogen. Was bleibt, ist die Frustration über den Geist, der sich in dieser Firmenpolitik ausdrückt. »Wir wollen nur das Beste für euch!« Sicher. Aber: Was das Beste für uns ist, – das entscheidet wer?
Matthias Töpfer
Skeptische Artikel und Meinungen zum Thema:
(Bei Artikeln bitte auf die Kommentare achten ;)
Hi Matthias,
AntwortenLöschenDu sprichst mir aus der Seele. Ich werde da auch nicht mitmachen. Ich fand bisher die Update-Politik von Adobe schon schlimm genug, aber DAS geht nicht mehr.
Und eines Tages, wenn dann doch ein neuer Rechner fällig wird, auf dem meine Version von PS nicht mehr läuft, werde ich mich eben doch mit Alternativen anfreunden.
Wolfram
Es kommt ein Gefühl des Milchviehs auf... zuerst wird man mit supporteter, oder wohlmöglich Freeware hochgepäppelt und abhängig gemacht um dann bis zum Rest seiner Tage gemolken zu werden...
AntwortenLöschenAdobe hat uns schon FreeHand genommen, mit Schulterzucken und stummen Hinweis auf Illustrator. Wir haben - nachdem FH ab einem bestimmten System WIRKLICH nicht mehr lief, zähneknirschend umgestellt. (Hey! FreeHand oder Illustrator war früher eine RELIGIONSFRAGE!!!!)
Dann bescherte mir ein neuer Rechner/System, dass ich PSD updaten musste. Kurz vor Erscheinen des neuen Updates. Mir wurde versichert, dass ich dieses selbstverständlich kostenlos erhalten würde. Anscheinen wurde die eine Mail ausgespammt: Die Aktion dauerte genau 3 Wochen. Ich war zu spät dran, das Update hätte mich 500€ gekostet.
Und nun das Mieten der Software. Ich brauch nicht das ganze Gedöns! Ich brauche genau 4 Programme!!! Der Vertrag läuft ein Jahr - wer weiss, wie der Preis dann angehoben wird...
Für FreeHand kämpft - noch immer eine kleine Gruppe in den USA... immer noch...
Adobe ist inzwischen zu gross. Welche Alternativen hat man denn?
Aber vielleicht sind die Milchkühe auch selber schuld: Jeder, der bisher brav Software gekauft hat, hat das wachsen einer sympatischen Softwareschmiede zum Moloch unterstützt...
Für die Zukunft sage ich nur: Muh!
Elke Reinhart, Laska Grafix
Tja, mal sehen, was die Konkurenz dazu macht... Adobe kann gewiss eines Tages wie ein Koloss auf tönernen Füßen untergehen.
AntwortenLöschen"Wer glaubt etwas zu sein, hört auf etwas zu werden" (Sokrates)
Schöner Artikel, Matthias.
AntwortenLöschenTja, schon echt besch... wenn man quasi zu etwas gezwungen wird, was man gar nicht will. Ich betrachte das auch mit Stirnrunzeln.
Meine Frage ist, welche "echten" Alternativen es denn für einen Grafiker gibt?
Gute Frage. Corel? Nicht wirklich. Die pennen. Deren Software gibt es für den Mac gar nicht. (Nur Painter) Quark? Man wird sehen. Kann nur sagen, was ich mache. Hab gerade auf CS6 upgedatet. Ist eine gute Basis um abzuwarten was passiert.
LöschenLeider finde ich hier keine Möglichkeit einen Kommentar zu hinterlassen, ohne mich anzumelden. daher versuche ich meinen Kommentar mal als Antwort zu posten.
Löschen---
Scheinen ja alle mächtig dagegen zu sein... Ich bin (auch) selbstständig, mein Gewinn ist ok, aber nichts für große Sprünge. GERADE DESWEGEN finde ich die Cloud eine super Lösung. Die Adobe-Software ist 'sacken'-teuer. Wenn ich für zwei Aufträge im Jahr mal Adobe-Flash brauche, die neuste Version, weil ich eine entsprechende Datei vom Kunde bekomme, hab ich ein Problem.
Und mit anderen Teilen der Creative-Suite geht es mir ähnlich. In der Cloud kann ich einfach auf die neuste Version zugreifen, OHNE Mehrkosten. Mir stehen fast ALLE Programme von Adobe zur Verfügung, für gerade mal 62 Euro im Monat. Das sind 12 Schachtel Zigaretten, oder eine dreiviertel Tankfüllung. (im MONAT!) Dafür habe ich immer aktuelle, professionelle Software. Keine Anschaffungskosten von neuen Versionen für x-tausend Euro, keine kostenintensiven Updates/Upgrades um auf dem neusten Stand zu bleiben; stattdessen mehr Möglichkeiten und planbare Kosten.
Vielleicht sehe ich das auch etwas anders, weil ich selbst Software nach vergleichbarem Prinzip vermiete. Übrigens haben mich meine Kunden gefragt ob das möglich wäre.
Schöne Gedanken zu einem leidigen Thema.
AntwortenLöschenIch persönlich habe eh immer nach der Devise gehandelt: Never change a running system.
Und da mein CS3 noch prima funktioniert bleib ich vorerst dabei. Klar habe ich dann ein paar Features nicht. Aber da ich die nicht kenne vermisse ich sie auch nicht. Und mal ehrlich: macht das Programm die Illu oder ich? Zum Glück sind der Rechner und die Software ja immernoch Werkzeuge und keine Zauberkessel die, wie man in der breiten Öffentlichkeit leider oft glaubt, auf Knopfdruck tolle Artworks kreieren ("Das macht doch heutzutage eh alles der Computer").
Und wenn alle Stricke reissen, dass gibt es (meist viiiel günstigere) Alternativen und Workarounds (ich sag nur: Manga Studio Pro, für die Zeichner unter euch).
In diesem Sinne: Ade Adobe!
Die Devise ist gut. Manga Studio kenn ich gar nicht. Muss ich mir mal ansehen. ;)
LöschenNicht vom Namen "Manga"-Studio täuschen lassen, für LineArt ist das Programm nahezu perfekt geeignet und um Welten besser als PS!
LöschenBesser hätte ich diesen Bericht als Freiberuflicher Mediendesigner sicher nicht schreiben können! Grandios, der Bericht beschreibt genau die Probleme, die ich mit dieser Cloud habe! Auch ich bin seit über 10 Jahren Kunde bei Adobe und habe insgesamt sicher einige Tausender in diese Software etc. gesteckt. Aber eine Cloud wird es für mich definitiv nicht geben.
AntwortenLöschenBei einem Gespräch mit einem Adobe Berater, habe ich gestern mal gefragt, wie es denn ist, wenn ich als Freiberufler nach ca. 4 bis 5 Jahren mein Abbo kündigen müsse, weil die Aufträge nicht so reinkommen, dass ich noch monatlich 62,- zusätzliche Euro abdrücken könne. Die Antwort war sehr ernüchternd.
Er meinte, wenn man dann kein Freiberufler mehr wäre, brauche man die Software ja sowieso nicht mehr. Er sagte mir auch, dass nach einer Kündigung eines Abbos (auch wenn man 4 bis 6 Jahre oder länger in dieses Abbo investiert hätte) einem anschließend keine Cloudanwendung mehr zur Verfügung stehen würde. Auch sagte er, dass momentan wohl die Clouddateien noch abwärtskompatibel wären - er befürchtet aber nicht mehr lange.
Damit würde mir also nach einer Kündigung des Abbos irgendwann einmal absolut nichts mehr zur Verfügung stehen. Noch nicht einmal mit meinen eigenen Dateien könnte ich mehr was anfangen.
Das sind ja wirklich rosige Aussichten!
Ist das jetzt der Dank für über 10 Jahre Treue???
Angebot und Nachfrage. Dass es leider nicht die ökologischen Beweggründe sind, weshalb die Leute kein E10 tanken, ist unter dem Strich egal. Tatsache ist, es floppt, weil es zu wenige tanken. Wir bekommen weiterhin das alte Benzin.
Löschenhttp://www.welt.de/wirtschaft/article117072041/Total-erklaert-Superbenzin-E10-zum-Flop.html
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenIch habe mich auf jeden Fall dazu entschieden noch schnell auf die CS6 ein Update zu machen. Damit habe ich dann für die kommenden 2 bis 4 (oder vielleicht auch 5) Jahre sicher erst mal genug Zeit um abzuwarten, wie sich das ganze entwickelt und vor allem, was die Konkurrenz macht! Eine Cloud wird es für mich definitiv nicht gehen - weil ich mich damit endgültig Abhängig in dieser Richtung machen würde. Sollte sich in den kommenden beiden Jahren jedoch nichts tun, dann wäre damit nach über 12 Jahren treuer Kunde mein Weg bei Adobe zu Ende!
AntwortenLöschenHallo Leute,
AntwortenLöschenalso ich habe mir die Veranstaltung Creative Days in München angesehen, die die Cloud vorstellte. Fazit: als Dienstleister der großen Medienunternehmen kann ich vielleicht noch 2-3 Jahre durchhalten mit der CS6. Vermutlich nicht mal das, weil ich z.B. für Verlage arbeite und ebooks + digitale Anwendungen den gedruckten Büchern und Prospekten den Rang ablaufen werden. Ich fürchte also ich habe keine Wahl und werde mitziehen bis 3 Jahre vor meinen Ruhestand ...
Allerdings habe ich noch ein ganz anderes Problem: mein Rechner ist wohl zu alt für die Cloud. Mac Pro der 1. Generation mit 2 x 2.66 GHz Dual-Core Intel Xeon. Hat jemand ähnliches Problem? Und hat schon jemand die Testversion ausprobiert?
Petra (Dorkenwald)
Abwarten. In 2-3 Jahren kann eine Menge passieren. ;)
LöschenDanke für den Hinweis auf Ihren ausführlichen Kommentar! Wir haben uns auf unserem Blog ebenfalls mit dem Pro und Contra zum Thema auseinandergesetzt:
AntwortenLöschenhttp://www.my-mediastore.de/2013/07/adobe-mietmodell-creative-cloud/
Durch Zufall bin ich über diesen Artikel gestolpert. Die Welt wäre doch in Ordnung, wenn diese Firma Ihre Software wie bisher als Kaufversion und daneben als Mietversion anbieten würde. Daher werde auch ich dieses neue Konzept nicht unterstützen, bis diese Firma wieder zurücksteuert. Für mich ist das eine Strategie der Firma noch mehr Geld an den Bestandskunden zu verdienen. Aber so geht das einfach nicht. Tschüss Adobe, sucht Euch nen Dümmeren.
AntwortenLöschenAh.... die Cloud. Indiskutabel, aus den bekannten Gründen - ich investiere, wenn ich Geld habe. Theoretisch kann ich mein Design Premium CS5 heute zum Verkauf anbieten. Und bei einem Abo? Habe ich... nichts. Keine Software, keinen Restwert. Ach ja - und nur wegen Adobe bin ich auch ungewillt, mir eine Kreditkarte anzuschaffen.
AntwortenLöschenCS5 wurde eigentlich in der Grace-Periode gekauft, ich werde (nach Jahren) jetzt noch einmal richtig Druck machen, die 5.5 Lizenz zu bekommen. Dann ein Upgrade auf CS6. Und dann abwarten. In 2-3 Jahren hoffe ich auf einen Alternativ-Anbieter. Oder ein Einsehen von Adobe. Für Freiberufler ist das Abo imho nicht attraktiv.